Vietnam: 5 Wochen solo
- Johanna
- 22. Apr.
- 9 Min. Lesezeit
Aktuelles Setting: Couch, Ventilator, der mir alle 5 Sekunden Luft ins Gesicht pustet, und sehr viel Happiness. Es ist mein letzter Tag auf Langkawi, Malaysia, ich war gerade am Strand ausreiten und die größte Herausforderung des Abends wird die Restaurantwahl sein. Ich kann mich also über nichts beklagen. Und daher nutze ich die Gunst der Stunde für die restlichen Vietnam Updates! (Auch wenn das jetzt schon nen Monat her ist)

Die restliche Reise in Vietnam startete relativ traurig. Nach Hoi An ging es zwar für mich an den Strand, aber für Charlotte direkt nach Dalat. Und so trennten sich unsere Wege nach fast 2 Wochen Spontanität, Banh Mi-Rankings, Chillen und Tanzen. Ja, es brach mir etwas das Herz. Aber leider ist das Teil vom Solo-reisen, auch wenn er mir absolut nicht gefällt. Und so stieg ich in den Bus Richtung Quy Nhon, wo ich ein Hostel namens "Life's a Beach" gebucht hatte.
Der Name war Programm. Das gesamte Hostel-Gelände war auf dem steinigen Abhang gebaut und richtete sich gen Meer. Es war wunderschön. Zwar musste ich etwas aufpassen, dass ich nicht zu viel in der Sonne lag, aber das hielt mich nicht davon ab, jeden Tag in einem Sonnenstuhl zu liegen und aufs Meer zu schauen. Ich bloggte, schnackte mit den Mädels, die ebenfalls solo unterwegs waren und aß jeden Tag das gleiche, weil das Hostel so weit ab vom Schuss war, dass mir kaum etwas anderes übrig blieb. Ich traf noch zwei Deutsche, die mich beinahe im Billiard abzoge. Und damit waren meine drei Tage Sonnenparadies auch schon um.
Dalat
Nach einer sehr kurvenreichen Busfahrt, die trotz meines leicht aufgebrachten Magens wunderschön war (erst am Meer entlang und dann durch die Berge) kam ich in meinem Homestay in Dalat an. Ich wurde von einer super herzlichen Frau, Li, begrüßt, der zusammen mit ihrem Mann das Homestay gehörte. Ich fühlte mich direkt wie Zuhause. Zweiter Jackpot: Frauenschlafsaal, was in 98% der Fälle bedeutet, dass ich nicht durch massives Schnarchen mitten in der Nacht geweckt werden würde. Und wer war mein Dinner Date für den Abend? Shaam, mit dem ich Sapa und den Loop gemacht habe! Ich sags euch, der Zufall bringt einfach immer die besten Leute zusammen. Shaam brachte noch eine Freundin, Abi, mit, und natürlich war Abi die erste Person, die ich im Schlafsaal kennenlernte. Nach einem kurzen Schnack stellten wir fest, dass wir in 10 Minuten zum Abendessen verabredet waren. Es war so schön, Shaam wiederzusehen, wir updateten uns über die vergangenen Tage und machten uns auf den Weg zu einem Nachtmarkt. Wir spazierten durch das beleuchtete Dalat, hielten bei kleinen Souveniershops (ich suchte immer noch nach meinen Vietnam-Chopsticks) und hatten wieder die Zeit unseres Lebens. Sehr glücklich fiel ich ins Bett und erinnerte mich gerade noch rechtzeitig, dass ich für den nächsten Morgen eine Canyoningtour gebucht hatte.
Nach einer unfassbar guten Nacht (Bettdecke und Kissen 10/10) wurde ich nicht mal durch meinen eigenen Alarm geweckt, sondern durch den Trubel im Schlafsaal. 3 andere Girls hatten ebenfalls die Tour gebucht! Unten machte Li uns Pancakes zum Frühstück und um 8 wurden wir auch schon von sehr motivierten Tourguides abgeholt. Tatsächlich wusste ich nicht mal ganz genau was ich da gebucht hattte, Charlotte hatte mir Canyoning empfohlen und Li hatte direkt bei meiner Ankunft gefragt, ob ich am nächsten Morgen zusammen mit den Girls die Tour machen mag. Wir fuhren zum Nationalpark Dalats und bekamen Wetsuits, Schwimmwesten, Klettergurt, und Helm. Ohje. Nach der Sicherheitseinweisung übten wir an einer Wand abseilen, und holy moly mein Puls war hoch. Aber es war so okay!!! Nachdem ich erstmal ein Gefühl für die ganze Angelegenheit bekommen hatte, war ich sogar sehr hyped auf die Tour. Und so wanderten wir los Richtung Wasserfall Nr.1. Mein Adrenalin war so hoch, ich hätte locker jemanden reanimieren können. Die Girls in der Gruppe waren super lieb, und bei Wasserfall Nr. 2 feuerten wir uns gegenseitig an, als es an der Zipline runter ging. Wasserfall Nr. 3 war 24 Meter hoch, und ich habe die größte Gesichtsdusche meines Lebens bekommen. Doch ich hatte immer noch den Spaß meines Lebens! Der letzte Wasserfall gab mir dann eher Todesangst, denn als sich meine Haare in dem Seil verfingen, dachte ich, das wars mit Haaren, ich werde skalpiert. Gott sei Dank war das Seil 10cm später zu Ende und ich versank in der Strömung. Wir beendeten die Tour mit einem bestialischen Aufstieg irgendeinen Berg hoch, wo wir Gott sei Dank von einem Van abgeholt wurden. Zum Lunch gabs Essen für die Seele: Banh Mi. Und gefühlt kiloweise Mangos, Drachenfrüchte, Wassermelone und Ananas.
Nach dem aufregenden Morgen ging es für Molly, Yasmin und ich zum Kaffee trinken in die City, bevor wir im Hostel Family Dinner hatte. Wir halfen Li beim Kochen, und es war eines der besten Dinner, die ich in Vietnam hatte! Ich lernte Mali kennen, deren nächster Stopp auch Mui Ne war, und wir verabredeten uns alle zum Sommerrodelbahn fahren am nächsten Tag.
Bester Start in den Tag: Crepes und Gym! Die Sommerrodelbahn war zwar wirklich cool, aber für meinen Geschmack viel zu kurz! Trotzdem war es nice, den Park, den ich am Tag zuvor nur flüchtig wahrgenommen hatte, nochmal in Ruhe zu sehen. Weiter gings zum Crazy Haus, was seinen Namen wirklich verdient hatte. Es war im Grunde einfach ein architektonisches Wunder, komplett verwinkelt mit Brücken und Stufen und Malereien und 3D Konstrukten. Nach einem entspannten Abendessen und abschließender Flaniertour durch Secondhand-Geschäfte holte mich die körperliche Erschöpfung der letzten Tage ein, und das himmlische Bett rief nach mir.
Und wie könnte man einen letzten Tag besser starten, als mit einem Salt Coffee und Banh Mi für umgerechnet 1,50€? Hach ja, ich habe Dalat sehr genossen. Aber auch die schönste Zeit muss ein Ende haben. Also gings weiter Richtung Küste, nach Mui Ne, mit der nächsten Mission: Surfen lernen.
Mui Ne
Zwar hatte ich mich sehr doll auf mein Privatzimmer gefreut, doch als ich dort ankam, bekam ich Heimweh. Schon merkwürdig, wenn man die ganze Zeit in Schlafsälen ist und Menschen um sich rum hat, ist ein Zimmer für sich alleine plötzlich zu einsam. Aber wisst ihr was? Auch das gehört dazu. Und manchmal braucht man vielleicht einen Abend wo man alleine ist und Heimweh hat und heult. Denn nach dieser ziemlich beschissenen Nacht hatte ich grandiose Laune am nächsten Morgen, traf Mali zum Frühstück, gönnte mir ein fettes Avocadotoast und wir beschlossen kurzerhand, eine Jeeptour durch Mui Ne mit Quadfahren durch die Sanddünen zu machen. Auf der Tour lernte ich Sam aus der Schweiz kennen, und mit guter Gesellschaft war die Heimweh sehr fix vergessen. Und es hatte einfach was: hinten in einem Jeep sitzen, Wind im Gesicht, Ausblick auf den Ozean, Reisfelder, und Palmen.
Die Sanddünen verpassten uns ein relativ unangenehmes Ganzkörperpeeling (ich schwöre ich finde heute ncoh Sand aus Mui Ne in meinem Rucksack), aber dafür hatten trotzdem unseren Spaß, als es auf dem Quad den Abhang runterging. Nach einer wohlverdienten Dusche trafen wir zum Abendessen zusammen, gabelten noch zwei weitere Jungs auf, und mit 5 Leuten lohnte sich der Bierturm noch viel mehr. Und ja, ich schreibe das über fast jeden Abend, den ich in Vietnam verbrachte, aber es war einfach toll! Wieder hatte ich den größten Spaß, lachte mit den neuen Menschen, wurde sogar nach Hause gebracht, damit ich nicht alleine im Dunkeln laufen musste, und freute mich direkt auf den nächsten Tag!
Um Punkt 8 stand ich auf und zog endlich zum ersten Mal mein Surfshirt an! Ich lief zur Surfschule (Frühstück: getrocknete Mango vom Späti, war viel zu süß, sehnte mich nach einem anständigen Banh Mi) und wurde dort von einer der Surflehrerinnen auf dem Moped zum Surfstrand mitgenommen. Mit mir waren noch 2 Dutchies in der Gruppenstunde, die aber schon ein paar Surfstunden genommen hatten. Ich bekam eine ca 5-minütige Einweisung in Paddeln und Aufstehen und wurde wortwörtlich ins kalte Wasser geschmissen. Wir warteten auf eine gute Welle, ich paddelte, und mein Coach rief "UP" und zack, stand ich, und surfte!! Vielleicht haben mir die Jahre Reiten doch etwas gebracht, denn irgendwie war Surfen zu einfach? Okay, ich bekam einen Anstupser und musste nicht selbst nach guten Wellen schauen, aber das Surfen selbst war erstaunlich simpel. Und damit war meine neue Leidenschaft geboren.
Ich traf Mali für ein spätes Frühstück und wir verbrachten den restlichen Tag in den Sitzsäcken in ihrem Hostel.
Surfstunde Nr. 2! Wow, waren meine Arme und Beine und mein Nacken müde. / ich hatte Ganzkörpermuskelkater. Und meine Ellbogen waren aufgeschürft. Aber ich hatte eine neue Leidenschaft, die verfolgt werden musste! Also stand ich wieder auf dem Surfbrett, diesmal leider etwas weniger als am Tag zuvor. Einmal bin ich wirklich auf dem Bauch liegen geblieben, weil ich keine Kraft hatte, mich hochzudrücken. Naja. Ich hatte trotzdem Spaß! Natürlich musste ich mich erstmal mit einer Runde lesen am Strand belohnen, wobei ich weniger las und eher die Kitesurfer beobachtete, aber Strandzeit ist Strandzeit. Damit endete die Zeit in Mui Ne, und ich machte mich auf zu meinem letzten Stop in Vietnam.
Ho Chi Minh City (HCMC)
Aber was? Letzter Stop? Nein, ich war noch nicht bereit. Ich hatte mich zu sehr in das Land verliebt. In die Kultur, in das Essen, die Städte und Orte und Hostels und Menschen in den Hostels. Auch wenn Laurie und Kesha auf mich in Kuala Lumpur warteten, ich konnte nicht glauben, dass diese 5 Wochen Soloreisen in Vietnam vorbei waren. Okay, es war nicht wirklich ein Solotrip, ich war im Grunde nie allein. Und so fand ich mich an meinem ersten Abend meines letzten Stops mit irgendwelchen Briten von Hostelworld in einer Dachterrassen Bar wieder. Wir waren locker 10 Leute, wobei sich niemand bis auf die Briten kannte, und alle hatten sich einfach im Hostelworld Gruppenchat vernetzt. Ihr wisst, was kommt. Ich hatte wiedermal den Spaß meines Lebens. Für die Briten war es der letzte Abend, und es waren beide berufstätig, was dazu führte das sie mir den ganzen Abend Bier ausgaben. Wieder wurde ich nach Hause gebracht, diesmal von einem sehr coolen Österreicher, Nik, sodass ich wieder sehr happy und sicher im Hostel ankam.
Natürlich starten die besten Tage mit einem Banh Mi und Iced Latte, und so tat es auch Tag 1 in HCMC. Die anschließende Mission führte mich in unzählige Geschenkläden, wo ich nach Mitbringseln für Keshas Familie suchte. Und natürlich meine Chopsticks! Als ich endlich das perfekte Paar fand, wies mich der Verkäufer auf einen sehr unscheinbaren Straßenstand hin, wo man sich alles mögliche gravieren lassen konnte. Gesagt, getan, jetzt habe ich gravierte Chopsticks aus Vietnam. Aber Vietnam war einfach zu gut, es verdient eine eigene Gravur. Weiter gings mit Sightseeing, an der Oper vorbei zum Postamt, durch die Bücherstraße (einfach eine Straße voll mit Buchläden), kurze Kaffeepause, und der finale Stop in einem Secondhandladen.
Generell war HCMC das komplette Gegenteil von Hanoi und fühlte sich sehr nach Stadt an und weniger nach Vietnam. Es gab tatsächlich so etwas wie Ordnung im Straßenverkehr, Läden, die aussahen, als hätten sie Lizenzen, und sogar Ketten. Menschen in Businessoutfits waren kein seltener Anblick und die Gebäude waren drei mal so hoch wie sonst. Französische Architektur gabs auch hier zu sehen, vorallem das Postamt und die Oper sahen sehr nach Kolonialismus aus.
Abends schaffte ich es dann endlich zum ersten Mal in einem Monat alleine Essen zu gehen, mit meinem Buch, einer Limo, und den besten Frühlinsgrollen überhaupt.
Tag 2 startete wie immer mit einem Banh Mi und Iced Latte, die ich in Angesichts der Tagesplanung auch brauchte (gute Vibes bevor der Bildungsteil des Trips begann). Ich spazierte durch einen Park (mega schön!) Richtung Kriegsrelikte-Museum, wo ich mit Nik verabredet war. Ich hatte mich versucht, mental auf die Ausstellung vorzubereiten, aber ich glaube, egal wie viel man vorher weiß, sowas ist nie einfach. Es war auf jeden Fall gut aufbereitet, gleichzeitig wurde einem sehr deutlich, dass der Vietnamkrieg einer der schlimmsten der Geschichte war. Es wurden Bilder von Opfern der Chemiewaffen gezeigt, Leichen, die am Straßenrand lagen, tote Kinder. Ich konnte die Ausstellung nicht zu Ende angucken. Auch wenn es super wichtig ist, sich mit der Geschichte von den Ländern auseinanderzusetzen, die man bereist, eigene Grenzen (von dem, was man sehen und verarbeiten kann) sind genauso wichtig. Bedrückt verließen wir das Museum, Nik ging weiter zu einer Tour zu den Cu Chi Tunneln, ich setzte mich für eine Weile in den Park.
Nachmittags besuchte ich das Kunstmuseum, was leider nicht ganz so schön war, wie das in Hanoi, aber es gab trotzdem ein paar Lacquer-Style Werke. Nach einem Spaziergang a Fluss entlang traf ich mich abends wieder mit Nik zum Abendessen, wie immer eine kulinarische Gönnung!
Mein letzter voller Tag in Vietnam starete viel zu früh mit einer Tour ins Mekong Delta. In der Hostel-Lobby lernte ich zwei super liebe Britinnen kennen und gemeinsam mit ein paar anderen ging es Richtung Süden. Charlotte hatte mich schon vorgewarnt, dass ihr die Tour nicht so gut gefallen hatte, und nach 10 Minuten auf der ersten Insel bereute ich den Trip. Schlangen, die in winzigen Käfigen lagen, wurden Touris um den Hals gelegt. Eine Insel weiter gab es ein Krokodilbecken, wo die Tiere aufeinander lagen, so wenig Platz hatten sie. Touris konnten sie gegen Geld mit toten Fischen an Angeln füttern, und natürlich machten sich die meisten einen Spaß daraus, die Tiere zu verarschen. Es brach mir das Herz. Einziges Highlight war ein Kletterparcour auf der Hauptinsel im Delta, wo wir wie die Kleinkinder in der Mittagspause herumtobten.
Zurück in HCMC gabs die lang ersehnte Dusche, und für meinen letzten Abend gabs natürlich wieder die Frühlingsrollen. Es waren einfach die besten Vibes in dem Restaurant, super liebe Kellnerin, viele Menschen, die mit ihrem Buch und Essen chillten. Ich schnackte noch kurz mit der Kellnerin (sie gab mir das süßeste Kompliment überhaupt "I love your energy") und machte mich dann auf den Weg zu den Britinnen für ein finales Bia Saigon.
Wie konnten 5 Wochen so unfassbar schnell vorbei gehen? Wie konnte ich die beste Zeit meines Lebens in diesen Tagen erleben? Und es war erst der Anfang von dem Trip. Ich weinte ein bisschen in mein letztes Banh Mi (wie soll ich ohne überleben?) und buchte mein Grab zum Flughafen. Auf dem Weg kamen natürlich de Erinnerungen der letzten Wochen, all die tollen Menschen, die schönen Orte, das Essen, die Stimmung, das Lebensgefühl, frei und unabhängig zu reisen und doch nie wirklich alleine zu sein. Ich bin definitiv schockverliebt in Vietnam. Ich komme definitiv zurück. Mit den besten Erinnerungen im Kopf stieg ich ins Flugzeug nach Kuala Lumpur, um meine Girls zu treffen.
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